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DGPPN Kongress 2004
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
ICC Berlin, 24. bis 27. November 2004
Verhinderung seelischer Erkrankungen in frühen Jahren: nur eine
Utopie? Pressetext von PD Dr. Ulrich Voderholzer, Freiburg
Erster Schülerkongress im Rahmen des DGPPN-Kongresses
Vorbeugen ist besser als Heilen dieser Grundsatz gilt für Herzinfarkte
oder Zahnlöcher - aber für seelische Erkrankungen ja wohl kaum? Doch!
Nachweislich treten bei vielen psychischen Krankheiten ob Depression,
Angststörung oder auch Suchtkrankheiten Jahre, oft Jahrzehnte vor Diagnose
und erster Behandlung schon klinische Symptome und unterschwellige Anzeichen
der kommenden Erkrankung auf. Information und Aufklärung über psychische
Erkrankungen und deren Risikofaktoren sowie frühzeitige Erkennung sind
deshalb äußerst hilfreich. Das gilt verständlicherweise besonders für
Kinder und Jugendliche. Die DGPPN führt 2004 daher zum ersten mal im Rahmen
ihrer jährlichen Fachtagungen eine Informations- und Diskussionveranstaltung
für Schüler und ihre Lehrer durch.
Viele Entwicklungen bei Jugendlichen geben Anlass zur Sorge für
deren weiteres Leben: So wurde das Einstiegsalter für Alkoholkonsum
in den vergangenen Jahrzehnten niedriger. Bereits bei Schülern haben
sichTrinkmuster herausgebildet, so etwa "Binge-Drinking", also gezieltes
Rauschtrinken. Illegale Drogen wie Cannabis oder Ecstasy
sind in Schulen sehr weit verbreitet. Dabei werden die langfristigen Folgen
exzessiven Alkohol- und Substanzkonsums oft verharmlost. Es geht hier
nicht "nur" um Abhängigkeiten, sondern auch darum, dass die Folge
später weitere, sehr ernsthafte psychische Erkrankungen sein können.
Weitere häufige Probleme bei Schülern sind zum Beispiel Mobbing
und Prüfungsängste, Probleme, die auch mit unserer immer
leistungsorientierteren Gesellschaft zu tun haben.
Wie entstehen psychische Erkrankungen? Für Fachleute spielt
das "Vulnerabilitäts-Stress-Modell" eine große Rolle.
Vulnerabilität (Empfindlichkeit, Anfälligkeit) ist dabei sowohl
die Erbausstattung als auch frühkindliche Erfahrungen. Für die
Entwicklung psychischer Erkrankungen wirkt sie dann mit aktuellen Konflikten
und Problemen also Stress zusammen. Eine genetische Vulnerabilität
spielt bei praktisch allen psychischen Erkrankungen, auch bei Suchterkrankungen,
eine mehr oder minder große Rolle. Dies bedeutet, dass beispielsweise
massiver Prüfungsstress zwar für die Mehrzahl von Jugendlichen
ohne größere Probleme bewältigt werden kann, für
andere, entsprechend Anfällige, jedoch durchaus mit schon krankhaften
Ängsten verbunden sein kann wodurch die Gefahr groß
ist, dann tatsächlich zu "versagen". Ebenso kann eine länger
dauernde Mobbing-Situation für den Einzelnen eine ernst zu nehmende
Gefährdung und der Beginn einer depressiven Entwicklung werden. Auch
beim Alkoholkonsum spielt die Vulnerabilität eine große Rolle:
Rauschtrinken bleibt bei einem Teil der Jugendlichen ohne große
Folgen. Bei anderen, entsprechend veranlagten Jugendlichen birgt es die
starke Gefahr der späteren Suchtentwicklung.
Langzeituntersuchungen haben die Tatsache untermauert, dass bei vielen
psychischen Erkrankungen Jahre oder Jahrzehnte vor der Diagnosestellung
und der ersten Behandlung erste klinische Symptome und Anzeichen der kommenden
Erkrankung auftreten. Beispielsweise zeigen sich bei Menschen mit depressiven
Erkrankungen oft bereits im Vorfeld Phasen unterschwelliger, leichterer
Depressionen, die zwar behandlungsbedürftig sein können, ohne
aber die Diagnosekriterien für ausgeprägte Störungen zu
erfüllen. Auch Angsterkrankungen, insbesondere ausgeprägte Phobien
und Panikstörungen, treten meist bei Menschen auf, die schon früher
eine verstärkte Ängstlichkeit etwa in sozialen Situationen
gezeigt haben. Auch manifesten Suchterkrankungen geht meist eine
lange Entwicklung von zunächst gelegentlich übermäßigem
Konsum, über häufigeren Missbrauch, Steigerung der Dosis bis
hin zur psychischen und körperlichen Abhängigkeit voraus.
In den vergangenen Jahren haben sich Befunde und Erfahrungen gehäuft,
die zeigen, dass die genannten Erkrankungen einen ungünstigeren
Verlauf und um so ausgeprägter eine Chronifizierung zeigen, je später
sie erstmals gezielt behandelt werden.
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Behandlungschancen bei
vielen psychischen Krankheiten zwar deutlich verbessert. Dennoch vergehen
bei einem Großteil der Menschen mit psychischen Erkrankungen viele
Jahre, bis eine spezifische Behandlung erfolgt. Diese Situation ist nicht
nur durch das Stigma "nicht ganz richtig im Kopf zu sein" bedingt (siehe
Pressetext Professor Gaebel), sondern vor allem auch auf mangelnde
Information über die Behandlungs-, beziehungsweise Heilungschancen
zurückzuführen.
Die Aufklärung über psychische Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten
sowie über Risikofaktoren sollte daher in allen Bereichen unserer Gesellschaft
verstärkt werden gerade auch an Schulen.
SCHÜLERKONGRESS
Prüfungsangst Alkoholkonsum Mobbing
Mittwoch, 24. November 2004, 14.00 bis 16.00 Uhr
im ICC Berlin, Säle 06, 08, und 10
(In den letzten Wochen wurden dazu bereits Arbeiten von
Schülerinnen und Schülern eingereicht.)
Wissenschaftliche Leitung:
* Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann, Vorsitzende, Dt. Ges. f. Kinder-
u. Jugendpsychiatrie
* PD Dr. Ulrich Voderholzer, DGPPN
Organisation:
Frau Juliane Heinicke
CPO Hanser Service GmbH
Tel.: 030 / 300 669-0; Fax: -40
E-Mail
Infos inkl. Flyer:
bei MWM
sowie auch:
Hier
Beiträge der Schüler/Klassen unter:
Hier
Ansprechpartner:
PD Dr. Ulrich Voderholzer
Schriftführer der DGPPN
Universitätsklinikum Freiburg
Psychiatrie und Psychotherapie
79104 Freiburg
53105 Bonn
Tel.: 0761/270-6603; Fax: -6523
E-Mail
Pressekontakt:
MWM-Vermittlung
Kirchweg 3 B, 14129 Berlin
Tel.: 030/803 96-86; Fax: -87
E-Mail
Am 24. November ab 14.00 Uhr finden drei parallele Veranstaltungen statt.
Sie werden von jeweils zwei Experten geleitet, die zu Beginn mit kurz
in die Thematik einführen. Danach können die Schüler die
Ergebnisse ihrer Vorbereitungen aus dem Unterricht vortragen. Es soll
eine offene Diskussion mit den Schülern und Lehrern stattfinden.
* Alkoholkonsum unter Schülern
ICC Saal 6
Leitung:
Oliver Bilke, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Humboldt-Klinikum
E-MAIL
sowie:
Michael Schulte-Markwort Kinder- und Jugendpsychosomatik, Uniklinik HH-Eppendorf
E-MAIL
* Mobbing bei Schülern
ICC Saal 8
Leitung:
Johann Haffner, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Heidelberg
E-MAIL
sowie:
Bettina Schubert Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport,
Berlin
E-MAIL
* Prüfungsangst bei Schülern
ICC Saal 10
Leitung:
Michael Simons, Kinder- u. Jugendpsychiatrie u. Psychotherapie, Uniklinik
Aachen
E-MAIL
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