|
|
|
Vor 50 Jahren wurde von Berlin aus die
Geburtshilfe revolutioniert
1960: Erster Einsatz der Fetalblutanalyse an der Neuköllner
Frauenklinik
Berlin, den 21. Juni 2010 – Vor genau einem halben Jahrhundert
setzte der "Vater der Perinatalmedizin", Professor Erich Saling,
an der damaligen städtischen Frauenklinik Neukölln erstmals
eine Methode ein, mit der der Zustand des Ungeborenen während der
Geburt beurteilt werden konnte. Durch die Entnahme und Analyse eines Blutstropfens
von der Kopfhaut des Kindes wurden seither zahlreiche Geburtsschäden
vermieden. Prof. Klaus Vetter, heutiger Leiter des Perinatalzentrums am
nun zum Vivantes-Klinikkonzern gehörenden Neuköllner Krankenhaus,
betont die fortdauernde Bedeutung: "Auch wenn die Fetalblutanalyse
heutzutage nur noch in bestimmten Fällen angewendet wird, kann sie
zur Vermeidung von riskanten Not-Entbindungen oder kindlichen Behinderungen
immer noch eine große Rolle spielen, insbesondere in Kombination
mit weiteren diagnostischen Verfahren."
Die Fetalblutanalyse (auch Mikroblutuntersuchung am Feten oder "Saling-Methode"
genannt) dient dazu, den Säurewert des kindlichen Blutes festzustellen.
Dies geschieht während der Geburt, wenn der Muttermund bereits leicht
geöffnet ist. Der pH-Wert gibt Auskunft darüber, ob das Kind
im Mutterleib an einer Übersäuerung des Blutes leidet und somit
Gefahr besteht, dass es bleibende Schäden bekommen wird. Ein Sauerstoffmangel
des Kindes kann durch Plazentastörungen, Nabelschnurkomplikationen,
überlange Geburtsdauer oder bestimmte Grunderkrankungen der Mutter
entstehen.
Vor der "Erfindung" der Fetalblutanalyse konnte – bei
unsicheren Verdachtsmomenten – nur eine notfallmäßige
vorzeitige Entbindung vorgenommen werden, die für Mutter und Kind
oft mit Problemen verbunden war. Heute wird, wenn die Fetalblutanalyse
eine "ungesunde" Blutzusammensetzung des Kindes zeigt, die medizinische
Betreuung daran orientiert und nicht selten ein Kaiserschnitt vorgenommen.
Auf diese Weise kann rechtzeitig eingegriffen werden, um zum Beispiel
eine bleibende Anämie zu vermeiden oder eine Rhesusfaktor-Unverträglichkeit
zu behandeln.
"Vor 50 Jahren wurde also die Geburtshilfe auf den Kopf gestellt",
erklärt Prof. Vetter, der auch Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft
für Perinatale Medizin und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. Denn zuvor kümmerten
sich die Frauenärzte zwar um die Mutter, das Ungeborene aber galt
als "unantastbar". Die Fetalblutanalyse war die wichtigste Erweiterung
der Möglichkeiten, das Kind während des Geburtsvorganges zu
untersuchen. Sie war zugleich der "Startschuss" der Perinatalmedizin
(perinatal = "um die Geburt herum"). Zahlreiche Ärzte aus
aller Welt "pilgerten" seit den 60er Jahren zur Geburtsklinik
in Neukölln, um diese und andere Techniken dort zu erlernen.
In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere Methoden entwickelt, um
den Gesundheitszustand des Kindes im Verlauf der Schwangerschaft zu überwachen.
Dazu zählen zum Beispiel Ultraschalldiagnostik und gegebenenfalls
Fruchtwasseruntersuchungen.
Von den zwischenzeitlich ausprobierten Techniken aber, während
der Geburt zu schauen, ob es dem Kind gut geht, wurden fast alle wegen
mangelnder Effektivität wieder verworfen. Neben der Fetalblutanalyse
ist im wesentlichen nur eine – allerdings sehr nützliche –
übrig geblieben: Die Kardiotokographie (CTG). Damit werden gleichzeitig
die kindliche Herzschlagfrequenz und die Wehentätigkeit aufgezeichnet.
Heutzutage wird die Fetalblutanalyse wesentlich seltener eingesetzt als
in früheren Jahren, vor allem dann, wenn das CTG unklare Auffälligkeiten
zeigt. "Das ändert aber nichts an der Bedeutung der Fetalblutanalyse,
nicht nur historisch, sondern bis zum heutigen Tag als Symbol der gezielten
medizinischen Fürsorge für das Ungeborene", sagt Prof.
Vetter.
Ansprech-/Interviewpartner:
Prof. Dr.med. Klaus Vetter
Vivantes Klinikum Neukölln, Perinatalzentrum
Rudower Straße 48, 12351 Berlin
Tel.: 030/13014-8486
MAIL
Abdruck bzw. Verwendung frei.
Wir bitten um Zusendung eines Belegexemplares oder eines links.
Foto von Prof. Vetter auf Anfrage bei
MWM-Vermittlung
Kirchweg 3 B, 14129
tel.: (030) 803 96-86
MAIL
|